Ab|schied
Mit der Überschrift habe ich nun schon zweimal den Tod mir nahestehende Menschen betrauert.
Hier nun geht’s um mich.

Eigentlich wollte ich so anfangen:
Ich habe wenig gute und viele schlechte Nachrichten.

Zuerst die Guten:
Meinem Kind geht es gut.
Ich habe mit dem Rauchen aufgehört. [Eigentlich ganz einfach bei 47 Tagen KH-Aufenthalt, davon 31 in Rückenlage]
Und ich bin wieder verheiratet. [Ging ganz schnell. Nottrauung. Ich trug ein OP-Hemd, alle anderen Anwesenden blaue Kittel, Haube und Mundschutz]
Und ich habe eine schwere Sepsis überlebt – sogar ohne Verlust einer unteren Körperextremität. Bei einer Mortalität von 80 % ein Grund zum Feiern.

Dann habe ich gemerkt, dass die guten Nachrichten die schlechten in ihrer Anzahl überwiegen.
Dafür sind die schlechten Nachrichten schwerwiegender.
Da bin ich dann wieder beim Füllstand des Glases.
Und sehen Sie es mir nach: Mein Glas ist halb leer.

Womit ich bei den schlechten Nachrichten bin:
Darmkrebs, lebermetastasiert. Ungünstige Prognose.
Derzeit nicht operabel. Damit seit zwei Wochen Chemotherapie.

Eine ebenso passabler Einstieg wäre vielleicht auch der (um ein Fragezeichen ergänzte) Romantitel des zweiten Romans von Josh Bazell gewesen:
Einmal Hölle und zurück.
Aber wie ich herausgefunden habe, ist diese Phrase schon so häufig benutzt worden, da wollte ich mich dann auch nicht mehr einreihen.

Aber es fühlt sich so an. Wie auf dem Weg zur Hölle.
Und mir bleibt nicht viel mehr als zu hoffen, dass es keine Reise ohne Wiederkehr ist.
Das das Ende noch offen ist. Und glücklich werden kann.

Sie machen sich keine Vorstellung davon, was eine solche Diagnose mit Ihnen macht.
Bevor sie mir gestellt wurde, hätte ich jedem, der mir das gleiche entgegengebracht hätte, mit einem „Doch, doch …“ geantwortet.
Aber glauben Sie mir: Sie haben keine Vorstellung.
Es sei denn, Sie haben ähnliches er- und überlebt.
Und wenn Sie dabei nicht verrückt geworden sind, seien Sie sich meines Respektes sicher.

In meinem letzter Eintrag hier ging es um mein Empfinden von Angst:
Hab ich mich bisher (in meinem zweiten Leben) als angstfrei gefühlt (rückblickend trifft es nicht ängstlich besser) so spielt mir meine Phantasie jetzt schon mal den ein oder anderen Streich - in der Sorge um den Nachwuchs.

Jetzt kann ich Ihnen versichern:
Ich habe eine Scheissangst.

... und sehen Sie mir bitte nach, dass die Komentarfunktion abgeschaltet ist.
Ich wüsste diesen nichts zu erwidern.


Edit: Die Gesichtsrasurzyklen nehmen deutlich ab. Von Vorteil.